Checklist

 

Kleine Checkliste zur Taktik und Strategie beim Regattasegeln mit dem 15er.

1. Einführung
Der folgende Text soll Ihnen liebe 15er-SeglerInnen einige Grundideen über die Taktik und Strategie bei Regatten geben. In der Realität ist die anzuwendende Taktik und Strategie stark vom selber gesegelten Bootstyp im Verhältnis zu den gegnerischen Booten abhängig. Sehr oft ist trotz guten Ausgleichsystemen oder Klasseneinteilungen auch das Glück ein wichtiger Faktor. Das Glück kann man jedoch durch das eigene Verhalten herbeiführen oder auch ausschliessen.
Regatten sind immer auch gemeinsame gesellschaftliche Anlässe unter Gleichgesinnten mit sportlichem Charakter. Das Fair Play – das übrigens auch die Grundlage der Wettfahrtregeln ist – soll dabei im Vordergrund stehen und nicht der Sieg.

2. Grundlagen
Mit Strategie bezeichnet man das Vorausplanen des optimalen Weges vom Start bis ins Ziel. Dabei sind auch Varianten zu planen für den Fall von Veränderungen, die während des Segelns auftreten können und auch werden.
Mit Taktik ist das unmittelbare agieren oder reagieren auf eintretende Ereignisse gemeint, um die festgelegte Strategie umsetzen zu können.
Zielgeschwindigkeit ist der Weg, der in Richtung auf die nächste Bahnmarke gutgemacht wird. Der direkte Weg ist dabei selten der schnellste, auf dem Kreuzkurs unmöglich. Die bestmögliche Zielgeschwindigkeit ist abhängig von der Lage des Bahnschenkels zum wahren Wind, der Windstärke, Wellen und dem Potential des Bootes.

2.1. Boot
Jedes Boot kann für seine Dimensionen auf eine optimale Leistung gebracht werden. Anders gesagt:

Auch ein schnelles Boot kann langsam gesegelt werden. Für eine gute Geschwindigkeit sind folgende Faktoren wichtig:

  • Kein Bewuchs im Unterwasserbereich
  • Kein unnötiger Ballast im Boot – vor allem im Vor- und Achterschiff
  • Gepflegte und getrimmte Segel
  • Getrimmtes Boot (Rigg und Gewichtstrimm)
  • Gut eingerichtete und leichtgängig bedienbare Schoten und Trimmeinrichtungen

2.2. Mannschaft

  • Teamarbeit, jeder kennt seine Aufgaben auf diesem Boot und ist konzentriert auf seinem Posten
  • Genügend Routine (Training)
  • Genügend Ausdauer und Kraft, sowie Konzentrationsfähigkeit
  • Wohlbefinden der Mannschaft (Verpflegung, Bekleidung, Ruhephasen)
  • Beobachten von Wind und Gegner und Austausch der Beobachtungen

2.3. Kenntnisse

  • Gute Seekenntnisse betreffend lokale Thermik, Tages- und Nachtwinde, Düsen- und Eckeneffekte (Cap-Effekt) mit mehr Wind und konstanten Winddrehern oder Windlöchern
  • Studieren der Wettervorhersagen und adaptieren auf die lokalen Gegebenheiten
  • Verhalten des Bootes beim Manövrieren, Bremsen und Beschleunigen und auf allen Kursen
  • Ersatzbereich und Trimm der Segel
  • Regelkenntnisse und deren Einsatz zu taktischen Vorteilen

2.4. Interaktionen mit Konkurrenten

  • Einhalten der Regeln, minimale Regelkenntnisse sind eine Voraussetzung, um eine Sportart ausüben zu können
  • Einen Protest machen ist Fair, wenn sich ein Konkurrent nicht an die Regeln hält
  • Sich als Zeugen zur Verfügung stellen und dies auch unmittelbar laut anbieten hilft der Fairness
  • Bei Bojenmanövern die eigene Position gegenüber den Konkurrenten auf den nächsten Kurs optimieren (taktische Überlegungen zum Umsetzen der gewählten Strategie)
  • Zu viele Zweikämpfe mit unsicherem Ausgang vermeiden


3. Bei wenig Wind

3.1. Leitidee

  • Freisegeln von anderen Booten
  • Boot ruhig laufen lassen
  • Ungestörten Wind suchen
  • Wenig Manöver
  • Geduld und Ausdauer
  • Wenig taktische Zweikämpfe

3.2. Start

Lange vor dem Start muss die Strategie bestimmt werden:

  • Welche Seite
  • Wo habe ich die Möglichkeit in ungestörten Wind zu gelangen
  • Welche Boote sollten nach dem Start nicht auf meiner Luvseite (da schneller, Gefahr der Abdeckung) oder Leeseite (da höher am Wind, schlechte eigene Geschwindigkeit) sein
  • Wo wird neuer Wind kommen
  • Rechtzeitig die vorgesehene Startseite aufsuchen und sich von unerwünschten Nachbarn fern halten
  • Handlungsfreiheit beibehalten und sich nicht auf Positionskämpfe mit wendigeren und schnelleren Booten
    einlassen
  • Raum vorsehen, um auf die grösste Geschwindigkeit beim Startschuss beschleunigen zu können
  • Strategie nicht aus den Augen verlieren

3.3. Erster Schenkel

  • Geschwindigkeit im Boot behalten
  • Boot laufen lassen und den eigenen Fahrtwind ausnützen
  • Nach Wenden oder Halsen zuerst Boot anfahren lassen
  • Ungestörten Wind suchen (sich vom Feld lösen, am Besten nach vorn)
  • Windlöcher vermeiden oder mit möglichst viel Fahrt hinein und durchhungern
  • Wenden und Halsen in einem Windloch vermeiden
  • Zum neuen Wind hin segeln (Orientierung anhand der Wasserfärbung, Rauch, Bäume oder Fahnen an Land, weiter entfernter Boote und Wolken, sowie begründete Vermutungen)
  • Nicht ohne gute Gründe einen anderen Kurs segeln als zur nächsten Wendemarke hin (zuerst Streckbug und nicht Holeschlag)
  • Keine taktischen Kleinkriege führen an denen alle verlieren
  • Strategie konsequent durchziehen und nur bei Beobachtung von neuen Bedingungen ändern

3.4. Bis zum Ziel

  • Grosse Pulks bei Bojenrundungen durch Vorausplanung (agieren) vermeiden, zum Beispiel durch einen Umweg segeln (nicht verlangsamen), um mit möglichst viel Fahrt hinter dem Pulk zu Runden und sofort wieder den ungestörten Wind auf der bevorzugten Seite zu suchen
  • Konkurrenten beobachten und reagieren, wenn nötig Strategie ändern
  • Durchhalten (Konzentration, Beobachtungen)


4. Bei mittlerem Wind

4.1. Leitidee

  • Trimmen, mit dem Boot ‚arbeiten‘ für optimale Zielgeschwindigkeit (gutgemachter Weg gegen die nächste Bahnmarke)
  • Gestörte Windbereiche meiden
  • Winddrehungen und Düsen- / Eckeneffekte ausnutzen (Wegoptimierungen)
  • Taktik auf Konkurrenten ausrichten, um die vorgesehene Strategie umsetzen zu können

4.2. Start

  • Ein guter Start an der bevorzugten Startseite ist wichtig
  • Ganzes taktisches Geschick dafür anwenden
  • Von unerwünschten Konkurrenten Distanz wahren

4.3. Erster Schenkel

  • Winddreher und seespezifische Gegebenheiten ausnützen
  • Maximal mögliche Geschwindigkeit des Bootes anstreben
  • Aus Windstörungen von andern Booten wegmanöverieren

4.4. Bis zum Ziel

  • Bojentaktik auf gute Position frühzeitig einplanen
  • Konkurrenten im Auge behalten und eigene Strategie auf sie auslegen
  • Auf optimale Geschwindigkeit achten


5. Bei starkem Wind

5.1. Leitidee

  • Sichere Seemannschaft bei allen Manövern
  • Den kürzesten Weg suchen, da die maximale Geschwindigkeit durch das Boot gegeben ist
  • Taktik auf sicheres Ankommen und keine Schäden auslegen

5.2. Start

  • Schäden vermeiden (von Boote, die nicht mehr unter Kontrolle sind, auch mit Wegerecht gut freihalten)
  • Keine unkontrollierten Manöver
  • Fock oder Genua erst unmittelbar vor dem Start setzen, Spinnaker – sofern möglich – erst nach dem Start bei genügend Raum im Lee
  • Richtige Segelwahl und Vorbereitung des Bootes (Trimm) und der Mannschaft (Bekleidung, Rettungswesten etc.)
  • Strategie nicht vergessen und entsprechende Starttaktik festlegen
  • Nur gute und sichere Bootsbeherrschung erlaubt einen guten Start (der Druck der Konkurrenz um den besten Startplatz nimmt ab)

5.3. Erster Schenkel

  • Mit maximaler Zielgeschwindigkeit den kürzesten Weg zur Bahnmarke suchen
  • Gut Ausschau halten auf Boote mit und ohne Wegerecht auf Kollisionskurs
  • Nicht zuviel Tuch fahren (kleiner Spinnaker, Fock, Reff)

5.4. Bis zum Ziel

  • Sicheres ankommen ohne Schäden und Verletzungen
  • Wettersituation beobachten
  • Boot und Mannschaft nicht überfordern

Quelle: Ruedi Christen